Als die "Live-Bilder" im Fernsehen laufen lernten

VOM ZWISCHENFILMVERFAHREN DER OLYMPIADE 1936

Man kann es sich kaum vorstellen, daß die Eröffnung der Olympiade 1936 in Berlin ohne die heute selbstverständlichen elektronischen Fernsehkameras stattfand. Die 35mm-Filmtechnik war schon damals hochentwickelt; so gab es z.B. Schwarzweiß-Negativfilm mit einer Empfindlichkeit von 23/10 DIN, entsprechend heute EI/ISO 160/23. Aus einer Spiegelreflex/Lichtton-Kamera mit drei Objektiven von 50, 75 und 150mm Brennweite lief der Halbformatfilm mit 23,75 cm/sek. in das Schnellentwicklungsgerät. Belichten-Entwickeln-Fixieren-Trocknen-Abtasten auf eine kurze Zeitspanne zu verdichten, um als Endziel eine Quasi-Livesendung zu ermöglichen. Neben dem Kameramann konnte der Reporter über einen zweiten Sucher das Bild mitverfolgen und synchron seinen Kommentar sprechen, der als Lichtton in 5fach-Zackenschrift bis zu einer Frequenz von 5000 Hz mitaufgezeichnet wurde. Vier Mann gehörten zur Besatzung des Zwischenfilm-Reportagewagens, an dessen Einsatzstelle ein Drehstromanschluß, Frischwasserzufuhr, Wasserabfluß sowie ein Breitbandkabelanschluß vorhanden sein mußte, um 85 Sekunden nach Belichtung, Entwicklung, Fixierung, Wässerung, Trocknung und Abtastung des Films dem Fernsehsender das Signal zuführen zu können - eine auch heute noch bewundernswerte Leistung!


Zwischenfilm-Reportagewagen

Das Zwischenfilmverfahren mit seiner ausgereiften Filmtechnik ermöglichte eine Übertragung bei schlechten Lichtverhältnissen; darüberhinaus hatte der Zwischenfilm-Wagen den Vorteil der Beweglichkeit. Rechtzeitig zur Olympiade 1936 konnte man einen von der Fernseh-AG gebauten Zwischenfilm-Reportagewagen übernehmen. Im Unterschied zum älteren Wagen der Reichsrundfunkgesellschaft arbeitete dieses Fahrzeug mit sogenanntem Halbformatfilm. Dieser war zwar ebenfalls 35mm breit, das Einzelbild hatte jedoch nur die Abmessung von 9x12 mm gegenüber 18x24 mm des normalen Filmbildes. Mit der großen Kassette ergab sich damit eine kontinuierliche Aufnahmedauer von 65 Minuten. Auch die Filmkameras für das Zwischenfilmverfahren entwickelte die Fernseh-AG Berlin. Ausgestattet mit einem Revolverkopf für 4 Objektive gestattete deren Kopplung eine Voreinstellung von Blende und Entfernung aller Objektive. Während des Objektivwechsels wurde automatisch als Überblendsymbol eine Irisblende aufbelichtet, denn Schneiden des Films war bei Quasi-Livesendungen nicht vorgesehen.

Dieses "Kleine Zwischenfilmgerät" - 1937 von der Fernseh-AG Berlin